Typisch U.

Eine Leseprobe aus Angelockt:

... Simon sah das gesamte Ausmaß des Gebäudes erst, als er den Wald durchquert hatte und auf der Kuppe des Hügels stand. Es bestand aus schwarzen, dunklen, zu Quadern gehauenen Basaltsteinen und lag versteckt, teilweise in die andere Seite der Anhöhe hineingebaut. Deshalb hatte man von der Straße aus nur das Dach des Gebäudes, eine Konstruktion aus Holz und Glas, gesehen.

Zwischen ihm und einem Gelände rechts vorbei an dem Gebäude gab es eine Fläche mit Stelen übersät, die er beim näheren Hinsehen als Grabsteine aus dem 17. Jahrhundert identifizierte. Wie lockere Zähne, schief und halb vergraben, steckten sie immer noch in Reihen in der Erde.

An einer Stelle schien  es wohl vor sehr langer Zeit eine Senkung gegeben zu haben. Die Grabsteine folgten noch einer zu erahnenden Verwerfung im Gelände, und es sah aus, als würden sie von etwas unter die Erde gezogen.

Simon verließ den im Dämmerlicht unheimlich wirkenden Ort und bemerkte, als er den Hügel Richtung Gebäude hinabstieg, sofort die seltsame, längliche Form des Anwesens, ähnlich einer Kirche. Auch die geschwungenen Steinverzierungen im dunklen Mauerwerk erinnerten daran.

Etwas, das der Kirchturm hätte sein können, war auf etwa Dachhöhe abgetrennt, oder besser abgerissen, denn es sah aus, als wären dort die Wunden des Eingriffs noch nicht wieder verheilt.

Die hohen Fenster, alt und dunkel, glichen, als er näher kam, den Augen eines Raubtiers, die ihn beobachteten.

Ein Aggregat rauschte in großer Lautstärke und blies Luft aus geöffneten Lamellen. Eine Klimaanlage, schätzte Simon und ging weiter in Richtung einer schweren, zweiflügligen Eingangstür aus Eisen, eingepasst in einen gotischen Rahmen aus Stein.

Der Blütenduft hatte an Intensität gewonnen, und Simon bekam fast das Gefühl, Schwaden davon im Licht des aufgehenden Mondes sehen zu können. Wie schwerer Nebel lag er auf der Wiese.

Auch das Gras schien hier ganz besonders zu sein. Ein leichtes Glitzern bedeckte die Halme.

Unwillkürlich bückte er sich und strich darüber; es kitzelte an den Handflächen, und Wellen eines schwach leuchtenden Staubes stiegen auf. Als Simon sie mit dem Blick bis zum Himmel verfolgte, fragte er sich, was von all dem, das er sah oder hörte, wohl real war.

Die blutrote Farbe des Sonnenuntergangs war dem milchigen Licht des Mondes auf eine Art gewichen, wie er es noch nie vorher gesehen hatte. Das Verschwinden der Farben war jedoch nicht das Interessanteste. Es waren die unzähligen Sterne, die sich am Himmel über ihm aufreihten.

Dahinter lauerte eine tiefe Dunkelheit. Es kam ihm vor, als wäre hier das Tor zu einer anderen Welt. ....

 

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